Kurz nach dem Sommerlager im heimischen Grind 2003 fingen wir an zu überlegen, was wir denn im darauf folgenden Jahr machen können. Nach den üblichen Überlegungen - sprich Norden oder Süden, Standlager oder unterwegs sein - kamen wir dann auf die folgende Idee: Wandern in Schottland mit anschließenden Städtetouren.
Gesagt, getan. Los ging es also mit der Planung und irgendwann stand es dann fest:
Großbritannien 2oo4:
Tag1: Zebrügge (B) - Rosyth (SCO)
Die Fähre geht um 16:00. Alle Rucksäcke sind gepackt. Wir wissen, dass unsere Überfahrt rund 16 Stunden dauern wird. Die Nacht verbrachten wir auf relativ ungemütlichen Schlafsesseln.
Tag 2: Rosyth - Edinburgh - Fort William
Morgens in Rosyth am Hafen, im sonnigen Schottland. Auf der Suche nach dem richigen Bus - Richtung Edinburgh City.
Der nächste Zug fuhr erst um 17 Uhr - 6 Stunden lang. Und da wir ja erst früh am morgen hatten, verbrachten wir den Tag in der warmen schottischen Sonne und mit shoppen in der Princess Mall. Das Mittagessen bestand aus Kartoffelcremesuppe. Um 17 Uhr fuhren wir dann über Glasgow mit dem Zug in die Highlands. Gegen 22 Uhr kamen wir in Fort William an. Wir hofften, an einer Kirche ein Plätzchen zu finden wo wir für den Rest der Nacht unsere Zelte aufbauen können. Doch auch dies erwies sich sehr schnell als falsch. Es blieb uns also nichts anderes übrig als mitten in der Nacht ca. 1,5 Meilen (1 Meile = 1,6 km) zu wandern und unsere Zelte auf einem Wildcampingplatz aufzubauen. Erste Bekanntschaften mit den migdes (sowie seltsamen Schotten) blieben hier natürlich nicht aus.
Tag 3: Fort William - Loch Lunn Da-Brah
Wetter: Nebel, kühl
Strecke: 10,5km
Es geht los; der erste Tag West Highland Way. Unser Frühstück bestand aus Müsli mit Milchpulver. Es dauerte sehr lange, bis wir endlich in die Gänge gekommen sind; Start unserer Wanderung war 11:30. Nach 20 Minuten machten wir auch schon unsere erste Pause an einem Visitor-Centre. Der erste Tag verlief sonst sehr ruhig, abends gab es kaum midges. Abendessen: Nudeln in Tomate-Morzarella-Sauce.
Tag 3: Loch Lunn Da-Brah - Kinlochleven [SHOP]
Wetter: Sonnenschein
Strecke: 12km
Unser Ziel heißt heute Kinlochleven. Leider machte uns der Weg einen gewaltigen Strich durch die Rechnung: Old Military Road. Steine. Kilometerlang. Mittagspause an einer alten Ruine, mit den Schafen. Nun ging es sehr lange sehr steil bergab. In Kinlochleven haben wir uns entschlossen, auf einen Campingplatz zu gehen, wo wir warm duschen konnten und auf Bänken in der Sonne Pfannkuchen und Nudeln kochen konnten. Gegen Abend allerdings gab es so unglaublich viele midges, dass wir um 18 Uhr alle in unseren Zelten verschwunden waren...
In Kinlochleven gibt es einen Shop, wo wir Lebensmittel einkaufen konnten.
Tag 4: Kinlochleven - Kingshouse Hotel
Wetter: Windig, frisch
Strecke: 15km
Heute steht uns der steilste Teil des gesamten WHWs bevor, das sogenannte "Devil's Staircase" (Teufels-Treppen). Was das bedeutet, erfuhren wir früh genug: 550 Höhenmeter, 6 Meilen bergauf, Dauer: Fast 2 Stunden. Aber es lohnt sich. Oben machten wir bei sehr starkem (!) Wind erstmal eine erholsame Pause; die dementsprechende Strecke bergab war aber wegen dem extrem steinigen Weg auch nicht viel angenehmer. Ich schätze, es waren von hier aus noch ca. 1-2 Stunden bis Kingshouse. Den Abend und die Nacht verbrachten wir auf der Terasse eines Ski-Restaurants... Es hat das Erste und einzige Mal auf unserer ganzen Wanderung geregnet! Abendessen: Nudeln und irgendeine bunte Soße.
Tag 5: Kingshouse Hotel -Brigde of Orchy
Wetter: Frisch aber trocken, Nebel
Strecke: 18km
Der heutige Tag begann unglaublich nebelig; man konnte sprichwörtlich die Hand vor den Augen nicht mehr sehen. Zum Frühstück gab es heute Bauernfrühstück, also Bratkartoffeln. Der heutige Tag verließ sehr unspektakulär, der Weg war einfach zu gehen (sehr viel Wald), außer einem kleinen Hügel hinter dem Inveroran Hotel, wo wir eine außgiebige Kaffepause machten (Pay one, free refills).
Wir erreichten gegen 18 Uhr Brigde of Orchy im Sonenschein, kochten Nudeln (mal wieder) und bauten schnellstens unsere Zelte auf, denn man konnte es vor lauter midges nicht mehr aushalten. Das Abendessen wurde dann sicherheitshalber in den Zelten eingenommen... Der Zeltplatz lag windgeschützt an einem großen Fluss... Sehr schlecht!
Tag 6: Brigde of Orchy - Beinglas Farm
Wetter: Schön!
Strecke: 33km
Kurz entschlossen legten wir unser Tagesziel auf die 33km entfernte Beinglas Farm. Uns lockten warme Duschen, Waschmaschinen und Trockner sowie ein Restaurant.
So wie das Abendessen am Vortag frühstückten wir mal wieder in den Zelten... Migdges. An sonsten: Schafe, Wälder, Berge und Täler, unterwegs machten wir Pause auf dem Weg und die migdes stürzten sich auf uns und unser Essen, wir hatten wirklich Mühe, nicht allzu viele Tierchen mitzuessen...
In Tyndrum [SHOP] machten wir nochmals Pause und reflektierten ein wenig über die bisherige Tour. Nach unserer Pause folgte ein anstrengender Weg durch einen hügeligen Wald und über unendlich viele Täler und Hügelchen nach weiteren 4 Stunden auch zur Beinglas Farm. Es war wunderschön endlich wieder warm duschen zu können, denn das Wasser in den Flüssen uns Seen ist kalt! Zum Abendessen gab es Nudeln. Auch hier gab es leider sehr viele midges... Entschieden, den nächsten Tag langsam anzugehen...
Tag 7: Beinglas Farm - Doune Bothy
Wetter: Schön warm, sonnig
Strecke: 4,8km
Ausgeschlafen und schön ausgiebig gefrühstückt (Rührei und Bacon). In einem kleinen Shop auf der Beinglas Farm noch schnell Mückennetze und Pflaster gekauft und dann ging es um 15 Uhr endlich los, nur ca. 5km bis zu einer kleinen Schutzhütte namens "Doune Bothy". Der Weg war schön zu gehen, obwohl wir schon gut klettern mussten! Doune Bothy ist ein Häuschen mit Schlafplattform. Wir kochten Pfannekucken vorm Eingang und genossen die Aussicht auch das Loch Lommond im schönen Wetter und trafen noch 2 deutsche Studenten, die mit uns dort übernachten wollten. Gegen 19:00 kamen 2 Schotten, die irgendetwas vor sich hin grummelten, unsere Sachen aus der Hütte schmissen und uns SEHR deutlich zu verstehen gaben dass wir hier NICHT erwünscht sind. Da niemand von uns Lust auf Handgreiflichkeiten hatte, packten wir unsere Sachen und liefen noch ca. 1/2 Stunde weiter bis zu einer Wiese, so wir schließlich unsere Zelte aufschlugen.
Tag 8: Doune Bothy - Rowadennan
Wetter: Ging so... Trocken
Strecke: 18km
Unser heutiges Ziel heißt Rowardennan, vielmehr ein Wildcampingplatz dort... Da in unserer Karte ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es in Rowardennan keinen Shop gibt, planten wir auch dementsprechend unser Essen. Was nun folgte, war eine echte Kletterpartie durch den Wald am Loch Lommond. Als wir endlich in Inversnaid ein Hotel erreichten, kauften wir ein paar Sandwiches und machten erstmal Pause. Da uns im Hotel versichert wurde, dass es in Rowardennan ganz sicher einen Shop gibt, entschlossen wir uns, zu den Sandwiches noch die letzten Tütensuppen zu essen. Nach dem Essen sind wir dann weitergeklettert, und als der Weg dann gegen Nachmittag eintönig wurde, zogen auch einige Wolken auf. Und es kam, wie es kommen musste: Es gab natürlich kein Geschäft in Rowardennan. Unsere letzte Chance: Eine Jugendherberge, die uns freundlicherweise für 2,50£ 250g Nudeln verkaufte. Die wenigen Nudeln haben wir mit ein wenig Tomatensoße gegessen. Wegen dem vielen Wind gab es kaum midges.
Tag 9: Rowardennan - Balmaha [SHOP]
Wetter: Nichts Besonderes...
Strecke: 12km
Man merkt, dass die Lowlands näher kommen... Es gibt weniger Berge, es wird flacher. Unser heutiges Ziel heißt Balmaha. Ein kleines Örtchen mit Shop und einem großen Naturpark, wo wir gerne gezeltet hätten. Nach einer ausgiebigen Kaffeepause auf einem Zeltplatz in Cashell führte uns der Weg über viel Straße nach Balmaha. Und was dann geschah, war echt unglaublich: Der "Shop" war so groß wie ein Kleiderschrank und es gab außer den berühmten Balmaha-Bears (hä?!) und Snickers nicht besonders viel. Nach 4 Stunden verzweifelter Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit (wir haben NICHTS gefunden) entschlossen wir uns, auf gut Glück 2 Meilen entgegen unseres Weges zu gehen und nach einer auf unserer Karte eingezeichneten Farm zu suchen, wie gesagt, auf gut Glück! Auf dem Weg dorthin hielt ein Auto neben uns an ("Are you the Souts from Germany?"), es erlaubte uns ein freundlicher Herr in seinem Garten (mit der Größe eines Fußballfeldes) zu schlafen. Mal wieder viele midges...
Tag 9: Balmaha - Drymen
Wetter: Nett, sonnig, kühl
Strecke: 11km
Es wird ein letztes Mal anstrengend: Conic Hill liegt vor uns. Was das bedeutet: Klettern!!! 3300 feet hoch, sehr moosig und rutschig. An sonsten war der Weg wenig spektakulär...
In Drymen haben wir dann endlich einkaufen können. Zu unserer Enttäuschung aber gab es leider doch keinen Wildcampplatz, sondern nur einen Zeltplatz für 4£ p.P., die in unserem Budget nicht eingerechnet waren... Aber: Ein Lord erlaubte uns, an seiner Kuhwiese zu schlafen. Ein weicher, hügeliger Boden, die letzte Nacht im Zelt beendeten wir mit Nudeln und wenig midges.
Tag 10: Drymen - Milnavie (Glasgow)
Wetter: Normal, bewölkt, trocken
Strecke: 18km
Der letzte Tag... Es heißt Abschied nehmen von Bergen, Nebel, Seen und midges, von Kühen und Wäldern... Der Weg führte uns durch humanes Gelände (Blumen, Farn und Wald) langsam aber sicher in die (Groß)Stadt. Als wir dann endlich in der Fußgängerzone von Milngavie ankamen, beendeten wir unsere Tour mit Photos und Berlinern.
In Glasgow angekommen gab es dann anfänglich ein paar Probleme bezüglich der Reservierung der Jugendherberge, die sich aber schnell aufklärten. Nachdem wir die Jugendherberge erkundet hatten und endlich alle geduscht waren, gab es dann abends selbstgebackene Pfannekuchen. Da wir alle ziemlich müde waren, gingen wir früh ins Bett.
Der nächste morgen begann recht früh am zugegeben etwas spärlichen Frühstücksbuffet der Jugendherberge. Den WäscheWaschenCrashkurs mit Martina haben wir alle gut überstanden. Anschließend verbrachten wir den Tag mit Einkäufen, insbesondere natürlich für den Abend: Lasange aus der Mikrowelle...
Der nächste Tag bestand hauptsächlich darin, ab 16 Uhr in einem AllYouCanEat-Restaurant für 5 Pfund stundenlang NUR (!) zu essen.
Abfahrt war dann am nächsten Tag gegen Mittag.
Zu betonen -insbesondere in Bezug auf Edinburgh- ist noch, dass das Wetter in Glasgow durchweg sonnig und warm war; sogar nachts, auf dem Weg in Karaoke-Bars...
Um die Tage und die Nächte auf dem Scoutplatz in Edinburgh mit 2 Worten zu beschreiben: Nebelig und verregnet. Nichtsdestotrotz entschieden wir uns für ein Sightseeingprogramm der Extraklasse. Anfangen sollte alles mit dem Besuch von Edinburgh Castle im völlig verregneten Schottland. Wir erlernten den Sinn der 13-Uhr Kanone und mussten feststellen, dass die Bewachung, die ursprünglich dazu dienen sollte, die Touristen vom fotografieren der schottischen Kronjuwelen abzuhalten, doch nicht so toll war? Da wir eh schon alle nass waren, machte die stundenlange Suche nach HotDog-Würstchen sowie Toast auch nicht mehr allzu viel.
Auch am nächsten Tag zeigte sich Schottland von seiner grauen Seite. Der besuch einer Whisky-Distillery sollte einer der Höhepunkte auf unserem Programm darstellen. An diesem Tag verkleinerte sich unsere Gruppe spontan um eine Person, und das nicht im Sinne der Lagerbewachung.
Die Distillery war, um es in vernünftigen Worten auszudrücken, in der hintersten Ecke Edinburghs, der Preis für die Busfahrt verschlang das ganze Tagesbudget (hierbei noch zu erwähnen ist, dass wir von der Bushaltestelle noch etwa 1 Stunde zu Fuß laufen mussten, und das hin & zurück) und unser Guide Walter schaute wohl auch ab und zu zu tief ins Whiskyglas. Trotzdem war er sehr nett und genehmigte sich mit den Scouts aus Deutschland (die ja alle schon 18 sind) nach der Führung das ein oder andere Gläschen.
Alle waren mehr oder weniger froh, als London in Sichtweite rückte. Auch hier blieben wir vom wandern nicht verschont. Auf dem Zeltplatz angekommen, wurde abends gegrillt.
Die Sightseeing-Tage in London waren sonnig und warm, von der berühmt-berüchtigten 'London Peasoup' haben wir nichts gesehen.
Von Big Ben bis hin zu Mme Tussaud's wurde restlos alles besucht, die aufgeteilte Gruppe traf sich abends immer wieder zum Essen auf dem Zeltplatz.
Der Rückflug von London-Stansted gestaltete sich überraschenderweise problematischer als gedacht, denn wer rechnet schon damit, dass gerade an diesem Tag sämtliche Züge dorthin ausfallen? Die Ausweichmöglichkeit 'mit Tempo 50 im Doppeldeckerbus über die Autobahn' wäre fast ins Auge gegangen, doch AirBerlin hatte anscheinend Mitleid mit uns und ließ unsern Flug fast 3 Stunden später starten.
Zu Hause angekommen waren sicherlich alle froh, die 3 Wochen GB gesund überstanden zu haben.
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