Rover in Sankt Petersburg:
Das 2008 im Rahmen des Roverbundesunternehmens "rbu08" gestartete Projekt "Pfadfinder gestalten Freundschaft mit russischen Pfadfindern" setzten 13 unserer Rover 2009 fort. Sie flogen nach St. Petersburg, um sich dort mit russischen Pfadfindern zu treffen.
Um gemeinsame Programmpunkte der Begegnung zu planen, flogen Roverin Anna-Katharina und Roverleiter Dieter im Vorfeld nach Berlin, wo sie sich mit den russischen Leiterinnen Anna aus St. Petersburg und Julia aus Kaluga bei Moskau trafen. Schon bei dieser doch nur kurzen Begegnung war klar, dass wir auch in diesem Jahr die von Sibirien gewohnte Herzlichkeit wieder erleben werden.
Unser Flug nach St. Petersburg startete in Düsseldorf, wo wir noch 4 weitere Rover aus Dortmund und Witten trafen, die an der gleichen Begegnung teilnahmen. In St. Petersburg angekommen, wurden wir von unseren russischen Freunden am Flughafen abgeholt.
Die Location
Unser Zeltplatz lag in einem riesigen Wald 70 km von St. Petersburg entfernt. Es war alles, sagen wir, sehr naturbelassen. Das "Stille Örtchen" war ein Holzkasten mit 4 benachbarten Löchern - OHNE Trennwand. Es gab jedoch auch noch eine moderne Version dieser Kreation. Die Männertoilette verfügte über 4 mülleimerähnliche Kisten, auf denen ECHTE Klobrillen befestigt waren. Der einzige Nachteil: Die Kisten waren nicht festgemacht. Es war insgesamt ein wenig wackelig. Dafür hatte man jedoch, dank Marius und David, einen wunderbaren Blick auf die Natur… Wir wollen das ganze an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertiefen.
Kommen wir zur Dusche: Ein See, in dem wir nahezu jeden Tag die Rußpartikel u.ä. mit Kernseife von unserer Haut schrubbten. Des weiteren gab es noch direkt neben der "Küche" einen "Wasserhahn" (eine Flasche, falsch herum an einen Baum gehangen). Die "Küche" bestand aus einem Lagerfeuer, um das einige Holzbänke/Baumstämme standen. Dazu gab es einen "Kühlschrank" (eine Folie, unter der unsere Lebensmittel lagen). Die "Spüle" (Schüssel mit Wasser von vorvorgestern) ist nicht zu vergessen. Das ganze Gebilde war von einer großen Plane überdeckt, so wurde wenigstens nichts nass. Neben der "Küche" befand sich der "Speisesaal". Eine weitere Plane, unter der einige Biertisch/Bank- Garnituren standen. Einige Meter weiter blickten wir aufs "Schlafzimmer" - unsere Jurte.
Das Lagerleben
Das Lagerleben begann jeden Morgen um 9 Uhr mit dem Wecken. Nach dem Frühstück begann dann der tägliche Morgenappell. Es wurde sich in Reih und Glied um einen "Appellplatz" gestellt, mit Blick auf die deutsche und russische Flagge. Jede Pfadfinderrunde berichtete, ob alle angetreten waren, bevor es zum Höhepunkt, dem Singen der Nationalhymne mitsamt Flaggehissen, kam. Für uns ein wenig sonderbar.
Nach einer kleinen bis mittelgroßen Pause (russian time!) standen Aktionen in gemischten Teams auf dem Programm. Diskussionen mit den Russen über das Leben (Gott, Sexualität, Gesellschaft…), Kleinspiele, bei denen es auf Teamgeist ankam oder sportliche Aktivitäten wie Rafting, Bogenschießen, Fechten und Russian Wrestling. Ein weiterer Workshop - von uns angeboten - war das gegenseitige Beibringen der verschiedenen Sprachen. Zum Schluss konnten die Russen den Refrain von "Flinke Hände" auf deutsch singen, wir waren fit genug, um ein einfaches russisches Weihnachtslied zu singen.
Danach war aber endlich etwas Freizeit angesagt. Wir legten uns dabei meistens an den nahegelegenen Strand, ob zum Sonnen oder um ein wenig Hygiene zu zelebrieren. Oft wagten auch einige den stundenlangen Marsch ins nächste Dorf Losevo, in dem wir uns mit Getränken und Knabbereien eindecken konnten. Aber viel Zeit blieb uns nicht, da fingen erneut Spiele an.
Oft wurde das von uns vorgestellte "Capture the Flag" (Fahnenklau) gespielt. Zwei Teams haben die Aufgabe, die Fahne in ihrem Gebiet vor den Gegnern zu verstecken und das Ziel, die gegnerische Flagge in ihr Gebiet zu bringen. Der Weg wird ihnen jedoch dadurch erschwert, dass die Gegner, die das fremde Territorium betreten, gefangen und ins "Gefängnis" gebracht werden können. Die Russen standen total auf dieses Spiel, sodass wir es, wie schon erwähnt, immer und immer ... und immer wieder wiederholten.
Nach dem Abendessen saßen wir entweder bei gemütlicher Runde am Lagerfeuer, oder wir fanden uns mitten in verschiedenen traditionellen Festen wie z.B. Weihnachten, Valentinstag, Ostern etc. wieder. Ab Mitternacht herrschte jedoch Nachtruhe. Nur wir Deutschen und ein paar ältere Russen (immer dabei: Lena und Antjom) durften noch aufbleiben. Wir waren fast jeden Abend bei den russischen Leitern zum Lagerfeuer eingeladen, wo es bei gemütlicher Runde Getränke und Knabbereien gab. In den letzten Tagen hielten wir uns jedoch nachts immer am Strand auf, was ein ganz besonderes Flair hatte.
Traditionen
Die erste Tradition, die uns begegnete, war die Willkommenszeremonie. Die Russen bildeten einen Gang. Jeder Deutsche durfte nun ein Stück Brot von einem ganzen Laib abbrechen, es mit Salz bestreuen und essen. Anschließend ging man durch den Gang ans andere Ende und wurde mit wildem Geklatsche empfangen.
Des weiteren standen noch einige Feiertage auf dem Programm. Somit erhaschte man gegenseitig einen Blick in die Kultur des fremden Landes. So fielen zum Beispiel Karneval und Weihnachten auf einen Tag. Morgens wurden fleißig Weihnachtssterne und Girlanden gebastelt und sowohl deutsche, wie auch russische Weihnachtslieder gesungen.
Abends fanden sich dann alle Beteiligten in witzigen Kostümen wieder (besonders sehenswert: Mrs Björn S. und Engelchen Dieter :D ) Als nächstes stand der Valentinstag auf dem Programm. Hierfür wurde ein Briefkasten gebastelt, in den man Liebesbriefe stecken konnte, die dann später verteilt wurden. Noch dazu wurden verschiedene Pärchen gebildet, die dann an einem "Spielemarathon" teilnehmen mussten. So mussten die Partner sich gegenseitig mit verbundenen Augen füttern, einen Heiratsantrag machen, ein Hochzeitskleid basteln, etc. etc. Das ganze war ein sehr lustiges Spektakel bei dem unsere Anka mit ihrem kleinen Russenfreund den 2. Platz belegte. Am nächsten Tag folgte das Marinefest. Mit Ostern wurde die Reihe der Feiertage beendet. Das Event dieses Tages waren die Briefeier, welche vorzüglich schmeckten. Dabei handelt es sich um ein Ei, was in einen eingefetteten Briefumschlag gefüllt wird. Nun wird alles ins Feuer gehalten bis es gar ist.
St. Petersburg
Eine St. Petersburg-Tour mit zwei Übernachtungen durfte natürlich nicht fehlen. Zu den Attraktionen St. Petersburgs gehören die sich nachts zwischen 2 Uhr und 4 Uhr öffnenden Brücken. Das hat allerdings zur Folge, dass es in dieser Zeit keine Möglichkeit gibt, von einem Teil der Stadt in den anderen zu gelangen.
Ausblick
Zwei Wochen gemeinsames Leben in der "Wildnis", gemeinsame Aktivitäten und tiefer gehende Gespräche, das schweißt zusammen. So war dann auch der unvermeidliche Abschiedsabend sehr emotional. Nach einer kurzen Nacht mussten wir sehr früh aufstehen, um mit dem Bus zum Flughafen nach St. Petersburg zu fahren. Bei dem Abschied ist dann doch noch die eine oder andere, vielleicht auch heimliche Träne geflossen.
Für den Sommer 2010 planen wir nun eine Rückbegegnung und wollen unsere Freunde aus St. Petersburg, Moskau und Sibirien für zwei Wochen zu uns nach Dormagen einladen.
Das Projekt wird gefördert durch die Stadt Dormagen und die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch - eine Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Freien und Hansestadt Hamburg, der Robert Bosch Stiftung und des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft
|